17. August 2015

XXI - S. 124

 
Georges Perec: W oder die Erinnerung an die Kindheit

11. August 2015

W oder die Erinnerung an die Kindheit

... Ich weiß nicht, ob ich nichts zu sagen habe: ich weiß, daß ich nichts sage; ich weiß nicht, ob, was ich etwa zu sagen hätte, nicht gesagt wird, weil es unsagbar ist (das Unsagbare verbirgt sich nicht im Geschriebenen, es ist vielmehr jenes Etwas, was lange zuvor zu seinem Entstehen geführt hat); ich weiß, daß meine Aussage leer neutral ist, sie ist ein endgültiges Zeichen einer endgültigen Vernichtung. [...]

Ich schreibe nicht, um auszusagen, daß ich nichts sagen werde, ich schreibe nicht um darzutun, daß ich nichts zu sagen habe. Darum schreibe ich: weil wir miteinander gelebt haben, weil ich einer von ihnen war, ein Schatten inmitten ihrer Schatten, ein Körper nahe ihren Körpern; ich schreibe, weil sie in mir ihre unauslöschliche Spur hinterlassen haben , die in dem von mir Geschriebenen zutage tritt: Die Erinnerung an sie läßt sich nicht schriftlich erfassen; weil ich schreibe, so geschieht es, um ihres Todes zu gedenken und um zu bekräftigen, daß ich lebe.

(Georges Perec, Tietel der Orginalausgabe: W OU LE SOUVENIR D'ENFANCE, 1978)